Aus dem Leben einer Stadtpolitikerin Bürgeranfragen Ratsversammlung

Auswirkungen von Corona auf Leipziger Mieter

Bild von Peter Stanic auf Pixabay

Sachverhalt:
Die Folgen der Corona-Pandemie wirken sich auf zahlreiche Lebensbereiche der Leipziger aus. Ein überwiegender Teil der Einwohner lebt zur Miete. Einkommensverluste und der Anstieg der Arbeitslosigkeit lassen vermuten, dass durch den Wegfall monatlicher Einkünfte sich auch starke Auswirkungen auf die Wohnsituation ergeben.

Wohnungskündigungen aufgrund Mietrückständen waren zwischen April und Juni 2020 wegen Corona unzulässig (Art. 240 § 2 EGBGB). Ähnlich ist es bei Strom- und Gaslieferungen, für die bis 30.06.2020 ein Leistungsverweigerungsrecht bestand (Art. 240 § 1 EGBGB). Da diese beiden Schutzfristen aber längst verstrichen sind, werden sich die tatsächlichen Auswirkungen der Pandemie rasch zeigen.

Ich frage daher an:

1. Wie viele gemeldete Zwangsräumungen, angedrohte Zwangsräumungen und fristlose Wohnungskündigungen liegen der Stadt seit 07/2020 vor? (Bitte mit Vergleichszahlen aus 2019.)

Die Antwort auf diese Frage bezieht sich ausschließlich auf den von der LWB betreuten Wohnungsbestand. Die zugrundeliegende Datenbasis ermöglicht nur eine begrenzte Auswertungstiefe, so dass die Beantwortung für die tatsächlich durchgeführten Zwangsräumungen jahresscheibenbezogen und für die aktuell ausgesprochenen Kündigungen stichtagsbezogen erfolgt.

Im Jahr 2019 fanden im Gesamtbestand der LWB tatsächlich 134 Zwangsräumungen statt, die sich in Mietschulden der Bewohner begründeten. Im Jahr 2020 belief sich diese Zahl der mietschuldenverursachten tatsächlichen Zwangsräumungen auf 96.

Zum Stichtag 09.03.2021 sind im Hause LWB 173 fristlose Kündigungen ausgesprochen und in Klärung. Eine rückblickende diesbezügliche Datenreihe ist nicht vorhanden. Das Kündigungsvolumen bewegt sich im üblichen Rahmen der Vorjahre – ein außergewöhnliches Kündigungsaufkommen aufgrund von Corona liegt nicht vor.

Anzumerken ist hierbei, dass ausgesprochene fristlose Kündigungen nur in tatsächlich unvermeidbaren Fällen zu einem tatsächlichen Verlust der Wohnung für den Mieter führen. Im Rahmen des gemeinsamen Klärungsprozesses werden in der überwiegenden Zahl der Fälle gemeinsam mit den Bewohnern alternative Wege einer gütlichen Einigung gefunden. Dies spiegelt sich in den Jahreswerten der beispielhaft für 2019 und 2020 aufgeführten tatsächlichen Zwangsräumungen wider.

2. Wie hoch ist die Anzahl der Strom- und Gassperren der Stadtwerke seit 07/2020? (Bitte mit Vergleichszahlen aus 2019.) Von wie vielen Strom- und Gassperren wurde seit 07/2020 abgesehen? Wie lauten die Begründungen?

Unter Berücksichtigung des den Kunden bis zum 30.06.2020 zugestandenen Leistungsverweigerungsrechts nach Art. 240 § 1 EGBGB, haben die Leipziger Stadtwerke in diesem Zeitraum proaktiv von Strom- und Gassperrungen abgesehen. Ab dem 01.07.2020 wurden die Mahnverfahren wieder in Gang gesetzt, so dass erste Sperrungen der Energieversorgung erst ab dem 12.08.2020 erfolgten. Die befürchtete Bugwelle an Sperrungen blieb danach erfreulicherweise aus. Im Vergleich zum Vorjahr (2019) konnten fast 500 Sperrungen weniger durchgeführt werden.

07/2019 bis 02/2020
2.799 Stromsperrungen
38 Gassperrungen

07/2020 bis 02/2021
2.311 Stromsperrungen
33 Gassperrungen

Aufgrund der generellen Aussetzung des Mahnverfahrens im benannten Zeitraum lagen keine Fälle vor, in denen der Kunde von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen musste. Etwaige Begründungen sind daher nicht bekannt.

3. Wie gedenken die Leipziger Stadtwerke mit offenen Forderungen bei Strom/Gas umzugehen?

Aufgrund der Pandemie haben die Leipziger Stadtwerke im Jahr 2020 und 2021 (Regelung gilt vorerst bis 31.03.2021) ihr Mahnverfahren angepasst. Kontaktiert der Privatkunde die Leipziger Stadtwerke im Falle offener, überfälliger Forderungen, so wird ihm derzeit mit einem vereinfachten Stundungsverfahren und der Möglichkeit einer zinslosen Ratenzahlungsvereinbarung entgegengekommen. Darüber hinaus können sich die Kunden aktuell eine kostenfreie Zwischenrechnung erstellen lassen, was letztendlich eine Überprüfung und eventuell auch eine Anpassung der laufenden Abschlagszahlung ermöglicht.


Link ins AllRIS (VII-EF-02491)

Antwort der Stadtverwaltung (VII-EF-02491-AW-01)