Debatte

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Warum keine Wahlpflicht?

Das Berliner Institut für Partizipation, welches sich schwerpunktmäßig mit Bürgerbeteilgung beschäftigt, gibt regelmäßig Debattenbeiträge heraus, zu denen auch ich politische Ansichten und Meinungen beisteuere. Zusätzlich veröffentliche ich diese hier.


Zuerst einmal widerspricht eine Wahlpflicht derzeit dem Grundgesetz.

Zum Zweiten sollte man, bevor man die Bürger zu etwas verpflichten will, vielleicht erstmal vor der eigenen Türe kehren. Hier ein paar Ideen:
+ Warum gibt es eine 5%-Hürde, die dafür sorgt, dass Stimmen „verschenkt“ sind?
+ Warum besteht nicht wenigstens die Möglichkeit, eine „Ersatzstimme“ anzukreuzen, die dann zum Tragen kommt, wenn die zuerst angekreuzte Partei an der Hürde scheitert?
+ Warum besteht nicht die Möglichkeit, sich zu enthalten?
+ Warum besetzt man das Parlament nicht anhand der Wahlbeteiligung? (Eine Wahlbeteiligung von 50% bedeutet, dass nur die Hälfte der Parlamentssitze besetzt werden.) So hätten Abgeordnete täglich vor Augen, wie hoch die Unterstützung tatsächlich war.
+ Warum gibt es in einigen Bundesländern nicht mal Politikunterricht?
+ Warum schließen wir junge Menschen vom Wahlrecht aus, anstatt es so zu gestalten, dass, wer sich früher als an seinem 18. Geburtstag beteiligen will, dies auch kann?

Ansonsten hat noch keine Pflicht zu irgendwas je die Akzeptanz dessen erhöht. Eine Pflicht suggeriert immer eine gewisse Form von Zwang. Und in diesem Zusammenhang muss auch überlegt werden: Wie soll denn sanktioniert werden, wenn Bürger ihrer Pflicht nicht nachkommen? Soll es Bußgelder geben? Nachschulungen zum Thema „Wie wähle ich richtig?“? Soll bei wiederholter Verweigerung eine Gefängnisstrafe folgen wie im Falle von Schwarzfahren? Eine Pflicht ohne Sanktion ist zahnlos, eine mit Sanktion gefährlich.

Früher haben wir Leute per Gesetz ausgeschlossen, ihre Rechte wahrzunehmen, jetzt wollen wir sie dazu verpflichten? Sehr widersinnig. Das Wahlrecht ist von allen Seiten unter Beschuss – seit neuestem sogar von linker Seite, die per Quoten ein Ständewahlrecht wieder einführen wollen.

Ein Wahlrecht ist eines der höchsten demokratischen Güter – es je nach Belieben und wenn das Wahlvolk widerborstig ist, abzuändern, wird nicht zur Akzeptanz beitragen.