Politischer Hintergrund

Ich wurde 1981 in der Kleinstadt Wernigerode im Ostharz geboren. Ich stamme aus einem politischen Elternhaus. Meine Eltern sind beide Lehrer für Deutsch und Geschichte. Politik, Parteizugehörigkeit oder gesellschaftliches Engagement waren bei uns nichts Außergewöhnliches. Nachrichten wurden immer geschaut, ebenso wie Tageszeitung gelesen oder über aktuelle politische Fragen diskutiert.

2000 ging ich nach Leipzig, um dort mein Studium zu beginnen, ich entschied mich für Anglistik und Journalistik. Leipzig galt damals (neben Dortmund) als beste Universität für die journalistische Ausbildung. Bereits während des Studiums war ich mehr und mehr selbständig als Kommunikationstrainer tätig, besonders für kleine und mittelständische Unternehmen.

Mitte der 2000er waren in der Netzgemeinde Berufe-Blogs (z.B. Shopblogger, Bestatterweblog) sehr beliebt. So kam ich dazu, regelmäßig das Lawblog des Düsseldorfer Strafrechtsanwalts Udo Vetter zu lesen. Dieser informierte kompetent und sachlich neben Wissenswertem aus seinem juristischen Alltag auch immer wieder über Themenbereiche wie Justiz, Innere Sicherheit, Bürgerrechte, Datenschutz und Überwachung.

Ich erfuhr detailliert von Vorratsdatenspeicherung, Netzsperren und Volkszählung etc. Das Gefühl, im persönlichen Bereich unfrei zu sein, dass jemand deine E-Mails liest, dass sich jemand dafür interessiert, welche Seiten du aufrufst und warum du das tust, dass Telefongespräche abgehört werden dürfen, dass der Staat Viren auf meinem PC installieren darf – das war und ist für mich immer noch so unaussprechlich absurd, dass ich einfach etwas tun musste. So kam ich etwa 2007 zum Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, dort u.a. zuständig für Presse, inzwischen einer der offiziellen Ansprechpartner und vertrete den AK Vorrat z.B. auch in Bundesministerien, falls notwendig.

So „stolperte“ ich auch 2006 über die Piratenpartei. Erstmals fand ich eine Partei so spannend, dass ich mit dem Gedanken spielte, ihr beizutreten. Dennoch war mir bewusst, daß dies ein großer Schritt sein würde, dass ich nicht nur passiv Mitglied sein, sondern mich aktiv beteiligen wollte. Daher dauerte es mit der reiflichen Überlegung noch weitere drei Jahre, bevor ich den Mitgliedsantrag auch wirklich abschickte.

Dann ging es aber auch gleich los mit dem aktiven Piraten-Dasein. Bevor es in Leipzig einen festen Piraten-Kreisverband gab, habe ich vor Ort die Piratenarbeit koordiniert sowie die Gründung des Kreisverbandes begleitet und vorbereitet. 2009 habe ich bei den Piraten als erste Frau für den Vorsitz im Landesverband Sachsen kandidiert.

So lange Zeit in Leipzig zu leben und damit den kompletten Wandel von einer etwas abgerockten Stadt hin zu einer gehypten Metropole zu erleben, machte mich sensibel für die Themen, die dabei auf der Strecke blieben. Ein besonderes Schwerpunktthema für mich war immer die Stadtentwicklung in Leipzig. Ich beobachtete aufmerksam Denkmalschutz-Themen und setzte mich u.a gegen den Abriss der Fassade des alten Brühl-Kaufhauses ein.

Aber auch andere Themen brauchten Aufmerksamkeit. 2014 wollte die Stadt den Organisatoren des 100. Katholikentages eine Million Euro geben. Das von mir initiierte und geplante Bürgerbegehren „(K)Eine Million“ sagte: nein! Damit haben wir viel Aufmerksamkeit und Sympathie für das Thema „Trennung von Kirche und Staat“ gewonnen.

Am 14.02.2014 wurde ich im Rahmen einer Aufstellungsversammlung von meiner Partei, den Piraten Leipzig, zum Kandidaten für den Wahlkreis 0 (Zentrum und Marienbrunn) gewählt. Bei der Kommunalwahl am 25.05.2014 bin ich in den Stadtrat der kreisfreien Stadt Leipzig gewählt worden. Mein Mandat habe ich wegen einer notwendig gewordenen Nachwahl erst am 18.12.2014 angetreten.

Vom 17.12.2014 bis zum 02.05.2017 gehörte ich der SPD-Fraktion an. Es war das erste Mal, dass die SPD mit einem Stadtrat einer anderen Partei eine Fraktion bildete. Seit dem 03.05.2017 bis zum Ende der Legislatur war ich Mitglied der Freibeuterfraktion, einem Zusammenschluss aus mir als Pirat, zwei Stadträten der FDP und einer ehemaligen Stadträtin der Partei Die Linke (mittlerweile Mitglied der FDP). Vom 03.05.2017 bis 30.06.2018 war ich stellvertretender Fraktionsvorsitzender, bis zum Ende der Sitzungsperiode am 18.09.2019 leitete ich die Fraktion.

Die von mir (nicht nur, aber auch) im Stadtrat bearbeiteten Themen reichten von Demokratie und Bürgerbeteiligung, Personalmanagement, Verwaltungsvereinfachung, Digitalisierung über Innere Sicherheit bis hin zu Bauen und Wohnen sowie Infrastruktur und Verkehr.

Eine besondere Ehre war es, zusammen mit anderen Stadtratskollegen Botschafter des „Jahres der Demokratie“ 2018 in Leipzig zu sein. Auch die durchgehende Unterstützung der Arbeit unseres Jugendparlamentes ist mir ein Anliegen. Eigentlich ist somit jedes Jahr ein „Jahr der Demokratie“.

Zur Oberbürgermeisterwahl 2020 wurde ich als erster überparteilicher Kandidat von gleich vier Parteien aufgestellt: den Piraten, den Humanisten, der ödp und Demokratie in Bewegung (DiB). Im ersten Wahlgang mit sieben Gegenkandidaten konnte ich 0,9 % der Stimmen erreichen. Im zweiten Wahlgang habe ich mein Wahlergebnis aus der ersten Runde fast vervierfacht.

Wahlkampf und Wahlergebnis haben gezeigt, wie tief gespalten (nicht nur) Leipzig ist. Ich leite daraus meinen künftigen Arbeitsauftrag ab, die Menschen stärker miteinander ins Gespräch zu bringen, ihre Anliegen Ernst zu nehmen und mich auch weiterhin für die Demokratie und die Freiheit in unserem Land einzusetzen.