Oberbürgermeisterwahl

Wahlprüfsteine UNgehindert e.V.

Bild von Javier Robles auf Pixabay

Im Wahlkampf erhalten die Kandidaten von Vereinen, Verbänden und Institutionen viele Bitten um programmatische Positionierung. Diese sogenannten „Wahlprüfsteine“ dienen dazu, die Kandidaten in bestimmen Aspekten des Programms, welche den Anfragenden besonders wichtig sind, vergleichbar zu machen. Ich veröffentliche hier, wie ich geantwortet habe.

1. Wie wichtig ist Ihnen das Thema Inklusion?
2. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist ein großer Schritt nach vorn getan worden. Was wollen Sie dafür tun sie umzusetzen?
3. (Es gibt rechnerisch etwa 90.000 Menschen mit Behinderungen, die in Leipzig leben. Diese Gruppe kann man eigentlich nicht als Minderheit bezeichnen.) Warum werden die Probleme dieser Menschen aus Ihrer Sicht als Randthema behandelt?
4. Welche Gruppen von Menschen in unserem Land gehören noch dazu, wenn wir uns mit dem Thema der Inklusion beschäftigen?
5. (Viele Wahllokale sind nicht barrierefrei erreichbar. Briefwahl ist keine gleichgestellte Alternative) Warum werden wahlberechtigte Menschen von einer gleichberechtigten Wahl ausgeschlossen. Warum ändert sich hier nichts?
6. Wie sieht die derzeitige aktuelle Situation bezüglich der schulischen Inklusion aus und wofür setzen Sie sich ein, bzw. wofür stehen Sie?
7. Was kostet die Inklusion?
8. Welchen Nutzen bringt die Inklusion?
9. Was spricht gegen Inklusion?
10. Welches inklusive Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen oder wofür setzen Sie sich besonders ein?

Inklusion ist ein wichtiges und fachübergreifendes Thema, was leider bisher viel zu eng gefaßt wird. Zwar denkt man beim Schlagwort Inklusion oft an den Rollstuhlfahrer, der in die Straßenbahn muß, aber man denkt kaum an andere Inklusionssituationen wie die von chronisch oder psychisch Erkrankten, über die Arbeitsmarktsituation von Leuten mit diversen Einschränkungen oder auch nur an Menschen, die vorübergehend gehindert sind, z.B. durch Krankheit oder Unfall. Daher geht Inklusion auch jeden etwas an, denn früher oder später sind sicher wir alle einmal auf die Vorzüge der Inklusion angewiesen. Insofern liegt der Nutzen klar auf der Hand. Aber da als Inklusion oftmals nur solch eng gefaßte Themen wie „Rollstuhlfahrer im ÖPNV“ behandelt werden (und selbst da ist es ja schon schwierig), wirkt es eben, als handle es sich bei zu inkludierenden Menschen um eine Randgruppe.

Die Wahllokale der Stadt sind überwiegend barrierefrei, es sind – soweit ich informiert bin – alle Wahllokale barrierearm. Sicher tröstet das nicht, wenn man gerade eines erwischt hat, mit dessen Zugang es Schwierigkeiten gibt. Sicher ist diese Situation alles andere als perfekt und Sie fragen mit Recht nach. Und mit demselben Recht dürfen Sie auch erwarten, ungehindert wählen zu können. Ich weiß, daß das Thema der Stadtverwaltung sehr wohl bewußt ist, aber es eben auch bei der riesigen Anzahl der benötigten Wahllokale und der Häufigkeit der Wahlen (zusammen mit Bauarbeiten an Bestandgebäuden etc.) natürlich immer wieder dazu kommt, daß eigentlich benötigte Gebäude nicht zur Verfügung stehen oder man Ausweichquartiere bezieht. In diesem Zusammenhang hat sich natürlich die Briefwahlstelle (diesmal sogar im barrierefrei erreichbaren Neuen Rathaus) sowie die Briefwahl an sich als sinnvoll erwiesen. Ich habe allerdings auch gegenüber der Stadtverwaltung deutlich gemacht, daß ich hier eine kontinuierliche Verbesserung der Situation erwarte.

Ich habe mich unterrichten lassen, daß die Lage der schulischen Inklusion durchaus Verbesserungsbedarf hat. Allein: wir kommen ohnehin mit dem Schulbau (ob mit oder ohne Inklusion) nicht recht voran. Das ist nicht schön, aber leider die Wahrheit. Positiv daran ist, daß wir so bei neuen Schulen entsprechende Inklusions-Planungen von Anfang an direkt mit berücksichtigen können.

Ein Inklusionsprojekt, was ich selbst vorantreibe, ist das des „Generationen-Spielplatz“, also einem Spielplatz, auf dem Erwachsene und Kinder spielen können, dicke und dünne Menschen, Menschen im Rollstuhl oder mit anderen Einschränkungen, kurz eben: alle. Leider wurde der Antrag nur sehr sinnverfälscht im Stadtrat angenommen, die Stadtverwaltung ist der Meinung, solche Dinge bereits bei den Spielplatzplanungen zu berücksichtigen. Ich habe da meine Zweifel und bleibe dran.

Über

Leipzigerin aus Leidenschaft. Verliebt in die Stadt. Mutter eines Zirkuskaters. Kennt die beste Eisdiele der Stadt.