Anfragen Ratsversammlung

Umgang mit eingeschränkt freien und unfreien Staaten

Bild von Mary Pahlke auf Pixabay

Sachverhalt:
Anfang Mai richtete das Referat Protokoll, angesiedelt im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters, die feierliche Amtseinführung des neuen Honorarkonsuls für Weißrußland aus.

Laut der Bundeszentrale für politische Bildung gilt ein Staat als frei, wenn die Staatsbürger
– frei am politischen Prozess teilnehmen können,
– in freien Wahlen frei wählen können,
– durch Personen repräsentiert werden, die rechenschaftspflichtig sind,
– frei in der Wahl ihres Glaubens und bei der Ausübung ihrer Religion sind,
– das Recht zur Versammlung und zur Bildung von Zusammenschlüssen haben,
– Zugang zu einem gerechten Rechtssystem haben,
– unabhängige Medien nutzen können,
– soziale und ökonomische Freiheiten haben – einschließlich des Rechts auf Eigentum.

Die Bundeszentrale für politische Bildung klassifiziert Weißrußland als unfrei. Als Verstoß gegen die Menschenrechte in Weißrußland seien hier stellvertretend die Themengebiete: Todesstrafe, Verschwinden von Systemkritikern, fehlendes Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, mangelnde Religionsfreiheit, fehlende Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie undemokratische Wahlvorgänge genannt.

Auch die Situation von Frauen, Obdachlosen, Homosexuellen, psychisch Kranken oder sonstigen zumeist recht- oder schutzlosen Bevölkerungsgruppen ist prekär.

Die Stadt Leipzig hat sich – nicht erst zum Jahr der Demokratie 2018 – zu unverrückbaren Werten bekannt, die sie nach außen lebt, von ihren Mitarbeitern einfordert und auch bei ihren Tochter- und Beteiligungsunternehmen durchsetzt. Zudem steht sie als „Stadt der Friedlichen Revolution“ in einer besonderen Verantwortung.

Ich frage daher an:

1. Existiert für die Stadt Leipzig ein Kodex im Umgang mit eingeschränkt freien und unfreien Staaten? Legt die Stadt Leipzig im Umgang mit diesen Staaten im Gegensatz zu als frei definierten Staaten unterschiedliche Maßstäbe an?

Nein. Im Rahmen ihres internationalen Engagements orientiert sich die Stadt Leipzig an den Vorgaben und Regeln des Auswärtigen Amtes.

2. Sind eingeschränkt freie oder unfreie Staaten Partner der Stadt Leipzig oder Einrichtungen Leipzigs von überregionaler Bedeutung (z.B. Buchmesse, Messen, Konferenzen etc.)?

Die Stadt pflegt keine Beziehungen zu Staaten; dies obliegt der Bundesregierung. Messen oder Konferenzen werden in der Regel nicht in der Zuständigkeit der Stadt Leipzig organisiert, sondern aus inhärenten Schwerpunkten der Wirtschaft oder der Wissenschaft heraus konzipiert und umgesetzt. Unmittelbare Partner der Stadt Leipzig sind die Partnerstädte, Kooperationsstädte und kommunale Netzwerkpartner (z. B. Eurocities). Der Kontaktpflege auf dieser kommunaler Ebene kommt auch und gerade in Zeiten von angespannten politischen Beziehungen eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Die Stadt Leipzig ist sich bei der Pflege der Beziehungen ihrer hohen Verantwortung bewusst und handelt stets in enger Abstimmung mit anderen Institutionen.
Die Bundesregierung hat sich gegenüber der belarussischen Regierung wiederholt für eine Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt, beispielsweise tat dies Bundespräsident Steinmeier gegenüber Staatspräsident Lukaschenko bei seiner Reise nach Minsk im Juni 2018. Auch die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt hat die unmissverständliche Haltung der Bunderegierung, die einem gemeinsamen europäischen Werteverständnis verpflichtet ist, wiederholt klar artikuliert.

3. Werden Einrichtungen und Leistungen der Stadt Leipzig solchen Staaten zur Repräsentation oder für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt (z.B. Tickets der LVB, Vermietung von Räumlichkeiten etc.)? Wenn ja, welche konkreten Leistungen/Einrichtungen und Länder betraf das seit 2014?

Die Stadt Leipzig fungiert bei der Pflege ihrer internationalen Beziehungen als Gastgeberin auf Grundlage protokollarischer Standards. Sie bietet zudem auf Grundlage der Satzung über die Widmung der Verwaltungsliegenschaften Räumlichkeiten zur Anmietung an.

4. Werben solche Staaten mit dem guten Namen und Image der Stadt Leipzig (z.B. durch Publizieren von Bildern von Veranstaltungen, dem Stadt-Logo, Veröffentlichen von „Händeschüttel-Fotos“ mit Honoratioren der Stadt etc.)? Wie wirkt die Stadt Leipzig dem dabei entstehenden Eindruck entgegen, das Gebaren solcher Staaten zu unterstützen?

Presseöffentliche Termine generieren Bild- und Tonmaterial, auf deren Drittverwendung die Stadt Leipzig keinen Einfluss hat.

5. Welche Personen haben an dem Empfang teilgenommen? (Bitte Gästeliste mit Namen und Position bzw. Institution)

Neben dem neuen Honorarkonsul, dem Botschafter in Berlin, dem Sächsischen Staatsminister für Justiz und dem Oberbürgermeister nahmen an dem Empfang verschiedene Repräsentanten aus Wirtschaft und Stadtgesellschaft teil. Eine namentliche Nennung der Teilnehmenden erfolgt aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht.


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Antwort der Stadtverwaltung